Unterwegs im Biberland – Marthalen ZH

Ins „ Blaue“ fahren, wohin es mich treibt, das ist mir an manchen Freitagen das Liebste. Die Wanderschuhe lösten bei Lola und Lily einen Freudentanz aus. So packte ich die aufgeregten Hunde in den Kofferraum und fuhr bei stahlblauem Morgenhimmel los.

Eigentlich schwebte mir das Appenzeller Land vor mit seinen Bilderbuch Landschaften. Bei der Ausfahrt Benken trat ich auf die Bremse, denn ein Weg entlang einer Baumallee hatte meine Aufmerksamkeit erheischt. Offenes Land muss es sein, um meine jagenden Hunde im Kontrollblick zu halten, Wasser muss es haben, damit sie schwimmen können und für mich braucht es Ausblicke in die weite Natur.

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Schnell hatte ich einen abgelegenen Parkplatz gefunden. Ich war vor Marthalen, wie mir die markante Kirchturmspitze zeigte. Unter der Eisenbahnbrücke durch, links den Dammweg hinauf und schon stand ich vor einem Schild: „Bachweg“. Schön, das muss genau passend sein. Was schlicht als Bach benannt wurde, war ein mit Schilfgräsern und üppiger Flora liebevoll renaturierter Wasserlauf. Steile, schutzbietende Böschungen verhinderten, dass sich die Hunde gleich hinunterstürzten. Ein ungewöhnliches Gewässer am Waldrand, so ausgesprochen gekonnt „auf wild“ getrimmt. Nach einigen Metern blieb Lily, die Vögeljägerin, wie angewurzelt stehen. Ihre Körperhaltung drückte Schrecken aus. Ich blickte umher, suchte nach Mensch oder bösem Hund und fand nichts, das einen grossen Hund wie Lily verängstigen könnte. Da sah ich bedrohlich nahe eine zwei stockwerkhohe Wand mit aufgetürmten, struppigen Baumstämmen. Sie waren nicht gepflegt oder zum Weiterverbrauch vorbereitet, sondern es war Abfallholz. Wie passten diese Welten zusammen? Eine Tafel klärte mich auf und entfesselte gleichzeitig auch meine Neugierde. Da der Biber über Jahre den Fluss bis zur totalen Unterwassersetzung des Waldes gestaut habe, hatte die Gemeinde Massnahmen ergriffen. Offensichtlich hatten sie den Bach auf einer langen Strecke mit wunderbar und abwechslungsreich bepflanzten, breiten Ufern eingebettet, um dem Biber und seinem Staubedürfnis Raum zu gewähren und andererseits ein paar technische Vorrichtungen eingebaut (es stand etwas von Drähten), die ein Gleichgewicht herstellen sollten.

Die Wanderung führte uns auf einsamen Wegen in weitem Bogen rund um die Kirchturmspitze von Marthalen. Welch eine Pracht waren die vielen blühenden Magerwiesen. Nach einem herrlichen Spargelteller in der Gartenwirtschaft machten wir uns langsam durch den malerischen Dorfkern auf den Rückweg. Der Weg führte uns zu einer weiteren Überraschung: Einem idyllisch gelegenen Weiher ausserhalb des Dorfes.

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Zuhause angekommen forschte ich der Bibergeschichte nach und fand diesen Artikel. NZZ Artikel Juli 2010

„In der Gemeinde Marthalen im Kanton Zürich stehen seit knapp zwei Jahren mehrere Hektaren Wald unter Wasser. Ein drei Meter breiter Damm aus Ästen und Schlamm verrät den daran beteiligten Wasserbauer: Ein Biber hat sich am Niederwiesbach häuslich niedergelassen und tut, was Biber seit Millionen von Jahren tun: Er baut die Gewässerlandschaft grundlegend um. Mit dem Aufstauen von Bächen oder gar Flüssen erreicht er, dass der Eingang zum Biberbau ganzjährig unter Wasser liegt und vor Feinden geschützt ist. „

4 Gedanken zu „Unterwegs im Biberland – Marthalen ZH

  • Mai 18, 2014 um 10:50 pm Uhr
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    Hallo, liebe Verena, dass nach dem frischen weiten Feld, auf dem sich zwei grosse Hunde frei tummeln können, eine so schöne Wanderbeschreibung folgt, hat mir sehr gefallen. Die Wanderung, die du unternommen hast, haben wir auch schon unternommen, denn wir sind seit 4 Jahren rund um Benken, Marthalen, mehr oder weniger „zuhause“ und kennen uns dort gut aus. Kennst du das Buch „die unwahrscheinliche Pilgerreise
    des Harald Fry“ – er hat sich auf eine 1000 Km lange Pilgerreise mit seinen Turnschuhen begeben – eine Reise fürs Leben – auf unscheinbaren Segelschuhen – eine wunderbare Geschichte über Liebe, Loyalität, Tapferkeit und viele Geheimnisse.
    Deine Reiseberichte lassen meine Gedanken immer wieder zu dem Buch schweifen……ist echt lesenswert…falls du mal so zwischendurch eine kleine Lesepause machen möchtest.
    Keep on going – mit herzlichen Grüssen – Brigitte

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    • Mai 24, 2014 um 7:10 pm Uhr
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      Liebe Brigitte
      Wie immer habe ich mich riesig über Deinen Kommentar gefreut. Und natürlich über die Buchempfehlung. Es scheint ein Trendbuch zu sein, denn schon vor einem Jahr hab ich es mir gekauft und wie Du, es sehr genossen. Ich bin allerdings froh, bessere Schuhe zu haben.
      Herzlichst Verena

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  • Mai 19, 2014 um 6:12 pm Uhr
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    Hallo Verena
    Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah….
    Auch ich entdecke laufend neue wunderbare Gebiete mit meinen Pfötlern. Das Buch das Brigitte Straub erwähnt, kann ich Dir ebenfalls empfehlen.
    Deine Hunde begleiten Dich während einem Lebensabschnitt von Dir, für sie ist es aber das ganze Leben. So dürfen sie es bei Dir auch in vollen Zügen geniessen, wie mir scheint.
    Uebrigens: Hast Du schon einmal die Seitentäler des Toggenburges erkundet? (zB Steintal bei Ebnat Kappel)
    Lieber Gruss vom Seewadel
    Urs

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    • Mai 24, 2014 um 7:15 pm Uhr
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      Lieber Urs
      Deinen Spruch über das Hundeleben habe ich so noch nie direkt gedacht, aber er hat eine bewegende Wahrheit. Allerdings habe ich schon gezählt, wie viele Hunde es wohl noch sein werden in meinem Leben. Auch nicht mehr so viele. Meine Lola wird bald 10 Jahre alt. Auf bald. Verena

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