Ewig Feuer

Ewig Feuer

Ich wollte über die Feuer, die verbrannten Landschaften, die verendenden Tiere und über die Wut der Bevölkerung schreiben. Über den Premier Minister mit seiner Regierung, die Dürre und Feuer nicht mit dem Klimawandel in Zusammenhang bringen wollten. Das war vor Weihnachten. Ich liess es sein. Schliesslich hatte das Volk ihn klar gewählt. Es gibt nichts was nicht schon überall geschrieben und gesagt wäre. Er hat Fehler gemacht, hat weltweit für Kopfschütteln gesorgt, ob seinen Aussagen und Taten. Scott Morrison hat nun Truppen in die notleidenden Gegenden geschickt und Geld für den Aufbau gesprochen. Nun stellt er Hilfe vor Budget. Seine Aussage, dass die Feuer nichts mit Klimawandel zu tun hätten, ist am Bröckeln. Gut so. Es tut sich viel Positives.

Erschütternd erlebe ich das Zeitunglesen am Neujahrsmorgen. Bilder in Rot, Schwarz und Orange, verkohlte Häuser vor brennenden Wäldern füllten die Frontseiten. Bei jedem Foto drehte es mir den Magen. Hier lese ich erstmals die Zahl: 480 Millionen Tiere sind tot. Kann sich das jemand vorstellen? Ich blättere weiter und sehe die grössten, spektakulärsten Feuerwerke über Sydney Bridge und aus Melbourne. Wie gespalten, ja geschmacklos ist das denn! Mehr als eine 250’000 Menschen hatten im Vorfeld eine Petition gegen die Feuerwerke unterschrieben. Aus ethisch, moralischen Gründen wollten sie das Geld sinnvoller für die Feuerbekämpfung spenden. Selbst eine solch potente Meinungsäusserung hatte keinen Effekt.

Die absolute Freiheit ist den Australiern wichtig. Einschränkende Gesetze sind ein Gräuel, was wir alle verstehen können. Nur wenn man dabei den Abfall überall hinwerfen, die Autos auf dem Parkplatz zum Kühlen laufen lassen darf, dann macht das einfach wütend und traurig. Übrigens werden Elektroautos mit einer Luxussteuer unnötig verteuert.

Die Wahrnehmung der Menschen und der Politiker haben sich spürbar verändert. Die Staaten sollen übergreifend und effektiver zusammenarbeiten. Die wahren Helden sind die grösstenteils freiwilligen Feuerwehrleute in ihren gelben Schutzanzügen. Es sind Einwohner aus den Ortschaften, die kämpfen, um zu retten und zu schützen, was ihr Leben ausmacht: Häuser, Dörfer, Rinder- und Schaffarmen und ihr Land.

Teil des Liebesgedichts an Australien, ‘Core of my heart’ wurde 1908 von Dorothea Mackellar verfasst. Jeder Australier verehrt es.

I love a sunburnt country, 
A land of sweeping plains
Of ragged mountain ranges
Of droughts and flooding rains.
I love her far horizons 
I love her jewel-sea,
Her beauty and her terror —
The wide brown land for me!

Seit zwei Tagen bin ich ganz im Süden von Melbourne auf der Halbinsel Mornington am Meer. Ferien in Sorrento von den Ferien auf der Farm. Dicker Rauch vernebelt die Sicht. Es ist dunkel und es riecht verbrannt, obwohl die Feuer 300 km weit weg sind. 

Auf Kangaroo Island, der dritt grössten australischen Insel im Süden von Adelaide hat das Feuer einen Drittel der Insel zerstört. Ich suche in meinen alten Geschichten. Vor sechs Jahren war ich genau in jenem Teil des Nationalparks gewesen, der jetzt in den Schlagzeilen ist. Wildhüter führten uns nachts durch die Wälder und erzählten über die Einzigartigkeit des Naturschutzgebietes. Es ist verbrannt. Und mit den Wäldern und den Tiere. Kängoroos, Wallabies, Koalas, Bienen, Vögel und Insekten. Es macht mich sehr traurig. Wird es das Australien noch für die nächsten Generationen geben? Liest man die Prognosen, dann wird es Australien besonders hart treffen.

Auf Kangaroo Island 2014

„Es gibt nichts das einem Naturmädelherzen hier fehlen könnte. Wilde Natur, zahlreiche Tiersorten, wie Kängurus, Wallabies, Echinas, Black Tiger Snakes, auch seltene Tiere wie Pinguine und Seehunde. Dazu gehören lautes Vogelgezwitscher, unendliche lange von überhängenden Kiefern gesäumte Strassen ohne jeglichen Verkehr und natürlich rote Staubstrassen, intensiv duftende Eukalyptusbäume und eine dichte, zum Teil blühende Buschflora. Die reiche Fauna lässt sich auch daran erkennen, dass überaus viele Tierleichen die Straßenränder säumen. Etwas erstaunt fragt man sich, weshalb sie von anderen Tieren nicht längst gefressen und weggeschafft sind. Es gibt keine Fleischfresser wie Fuchs,  Marder oder Wolf. Es gibt keine einheimischen Raubtiere. Die Ameisen sind die einzigen, die die Tiere zerfressen. Sehr spannend!“

Weiter erzähle ich damals: „Was ich damals auf dieser 150 km langen und 50 km breiten Insel an frei lebenden Tieren gesehen habe, ist wirklich überwältigend. Es leben eine Million Wallabies und geschätzte 400’000 Kängurus. Hunderte von Seehunden, Opossums, Echidnas. Und dann all die Vögel, die in allen Farben und Lautstärken den Himmel bevölkern. Auf einer Nachtwanderung kamen nach der Dämmerung plötzlich 100te von Kängurus und Wallabies aus allen Hecken und die Koalas begannen ihre Schlafstellen zu wechseln. Viel Interessantes war zu erfahren über die Besonderheiten der vom Hauptland abgespalteten Insel, die Ihre eigene Evolution durchgemacht hatte. Ganz faszinierend finde ich immer wieder, dass die ersten Weissen erst anfangs 18.. angefangen haben das Land zu besiedeln. Ungefähr zur Zeit als der Güterhof gebaut wurde. Sie leben von dieser Kultur und verehren mehr oder weniger jeden Pionier. Mir gefällt es in diesem rauhen urtümlichen, einfachen Land, wo die Menschen einfach und schnell miteinander Kontakt haben. Sie sind sehr naturverbunden, auch die Jungen. Sport wie Cricket ist alles, Barbecue das halbe Leben.“

5 Gedanken zu „Ewig Feuer

  • Januar 8, 2020 um 12:38 pm Uhr
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    Liebe Verena – dein erschütternder Bericht hat mich aufgewühlt; auch wir hören hier zu Hause täglich Nachrichten über die verheerenden Feuer, die sich immer weiter ausbreiten und die Machtlosigkeit der vielen Feuerwehrleute, die unter Einsatz ihres Lebens sich immer wieder mutig dem Feuer entgegenstellen, dem Feuer aber nicht Herr werden. Zu gross sind die Einflüsse der Natur – Hitze, Wind – kein Regen und sie kämpfen kräfteverzehrend bis zum Umfallen, um zu retten, was zu retten ist. Ich habe mich in den letzten Tagen immer wieder gefragt, wie es dir und deiner Schwester und ihrer Farm geht. Nun lese ich, dass du auf der Halbinsel Mornington bist und bin dankbar, dass du trotz
    allem wohlauf bist. Ich schicke meine mitfühlenden Gedanken in der Hoffnung, dass die Feuer eingedämmt werden können. Das Ausmass dieser Feuerkatastrophe – Leid für Mensch und Tier – ist nicht absehbar. Mit nebligen Januar-Grüssen – Brigitte

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    • Januar 8, 2020 um 1:16 pm Uhr
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      Liebe Brigitte
      Dein Brief sollte als Leserbrief hier gedruckt werden. Die Menschen würden Deine Wertschätzung ihrer Bemühungen sehr schätzen.

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  • Januar 9, 2020 um 1:42 pm Uhr
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    Es ist furchtbar, was da in Australien passiert.
    Liebe Verena, sicher hast Du Dir nie träumen lassen, als Du erneut nach Australien gereist bist, dass Deine Berichte und Collagen so einen traurigen Inhalt haben werden. Eine halbe Milliarde Tiere sollen bei dem Feuer bis jetzt umgekommen sein. Kaum vorstellbar. Und der uneinsichtige Premierminister denkt weiterhin nur an die Kohleförderung und den wirtschaftlichen Gewinn.
    Heute Morgen hat ein australischer Schriftsteller im Deutschland Funk gesagt, wenn Australien nicht ganz schnell umdenkt, wird es der erste Kontinent sein, der von Menschen nicht mehr bewohnbar ist und zwar Ende dieses Jahrhunderts.

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  • Januar 14, 2020 um 7:57 pm Uhr
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    Liebe Verena – Wir wünschen Dir, dass Du trotz dieser Umwelttragödie immer wieder Momente der Kontemplation findest und Deine Empfindungen in schönen Aquarellen zum Ausdruck bringen kannst. Es ist schön zu lesen, dass Du und Deine Schwester nicht unmittelbar betroffen seid, aber wir können uns gut vorstellen, wie schwierig es für Euch ist, die gemeinsame Zeit unbeschwert geniessen zu können. Wir freuen uns auf Deine Rückkehr im Februar. Deine Nachbarn auf dem schönen Geissberg, Gelgia & Kurt

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  • Januar 19, 2020 um 1:52 pm Uhr
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    Liebe Frau Prager. Ich denke viel an Sie und hoffe, Ihnen und Ihren Lieben geht es gut. In Gedanken verbunden, Monika Eggenberger

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