Dieser Artikel erschien in den Schaffhauser Nachrichten am 11. Juni 2021. Ich freue mich sehr darüber und danke herzlich Jurga Würger (Text) und Jeannette Vogel (Fotos).

„Statt den Enkeln aus Büchern anderer Autoren vorzulesen, griff die pensionierte Gastronomin Verena Prager selbst in die Tasten. Das zweiteilige Kinderbuch «Miranda» erzählt von einer Freundschaft zwischen einem Jungen und einem Giraffenmädchen.
Die pensionierte Gastronomin Verena Prager wäre nicht Verena Prager, wenn sie die gewohnten Pfade beschreiten würde. Als der erste Lockdown im März letzten Jahres verhängt worden und der erste Schrecken verdaut worden war, fing sie an, ein Kinderbuch für ihre fünf Enkel zu schreiben, zu malen und aufzunehmen. Dass die Geschichte auf eine wahre Begebenheit zurückgeht, wird der Autorin erst später bekannt. Einst liess der Zoo Zürich drei Giraffen im Sommer 1949 in Afrika auf ein Schiff verladen. Damit begann eine Irrfahrt, die vor dem Hafen von Amsterdam tragisch endete. Dazu aber später. «Schon während der Berufsjahre habe ich immer geschrieben und gemalt. Dann kam Corona, alle Menschen über 65 Jahren sollten zu Hause bleiben, und ich konnte nicht einmal meine Enkel mehr treffen», so Verena Prager. Irgendwann sagte eine der Töchter: «Andere Grosseltern lesen Bücher über elektronische Medien vor.» Das kam für Verena Prager nicht infrage. Aber eine Geschichte zu schreiben und es als Hörbuch zu verschicken schon. Bevor die Idee aufkam, ein Kinderbuch zu schreiben, malte Verena Prager, gemeinsam mit ihren Enkeln, Bilder. Während des Lockdowns legte sie eine angefangene Zeichnung vor die Haustür, die Kinder ergänzten sie mit ihren Ideen und legten die Blätter erneut vor die Haustür. «So konnten wir gemeinsam mit den Bildern auch Geschichten erfinden.» Und so nahm auch dieses Buch seinen Anfang, als Verena Prager einen der Enkel fragte: «Was wollen wir malen?» – «Eine Fähre», sagte der achtjährige Johnny. «Und was transportiert diese Fähre?» – «Tierkäfige.» Und als Verena Prager dann über ein mögliches Kinderbuchthema nachdachte, sah sie plötzlich ein Giraffenmädchen vor ihrem inneren Auge aufblitzen.

Die Idee kommt bei den Enkeln gut an
«Ich gehe gerne in den Zürcher Zoo und kann stundenlang den Tieren zuschauen, aber die Giraffen gehörten nicht unbedingt zu meinen Lieblingstieren.» Doch diese Giraffe liess sie schliesslich nicht mehr los, und sie zeichnete das Tier als ihre Hauptprotagonistin. «Ich wusste sofort, dass sie Miranda heisst und aus Afrika in die Schweiz reist. Und auch, dass sie plötzlich verschwindet.» Die grobe Idee stand innert zwei Stunden. «Wenn ich sonst Geschichten schreibe, dann sprudelt es nicht sofort. Aber bei Miranda kam ich mit Aufschreiben kaum nach.» Die Familie eines Tierpflegers mit vier Kindern war auch schnell skizziert. Die Idee fanden ihre Enkel gut, und so wurden schnell die ersten Kapitel geschrieben. Parallel dazu entstand ein Hörspiel mit einzelnen Abschnitten auf Mundart. Die erste Folge dauerte fünf Minuten, die weiteren waren schnell mal 20 Minuten lang. Gelesen hat Verena Prager jeden dritten Tag. In der Zwischenzeit entwickelte sich die Geschichte munter weiter.
Wahre Geschichte aus dem Jahr 1949
Auch Fragen, ob Giraffen überhaupt schwimmen können, ging die pensionierte Gastronomin nach. Und falls ja, schwimmen sie ausgestreckt wie ein Krokodil oder eher senkrecht, sodass nur der Kopf wie bei einem Dackel oben aufschwimmt? Allerdings fand sie keine Antworten. So kam ihr dann die Idee, dass das Giraffenmädchen auf der Flucht von einem Rettungsring in Sicherheit getragen wird.

Als Verena Prager weiterhin zum Thema Giraffentransport recherchierte, stiess sie auf eine tragische «Giraffen-Affäre» aus dem Jahr 1949. Darüber berichtete die «Neue Zürcher Zeitung». Genauso wie in ihrer Geschichte ging es auch damals um die Beschaffung von Tieren für den Zoo, darunter auch von Giraffen. Auf dem Zettel des damaligen Zoodirektors Felix Hofmann (1889–1966) stehen 24 Tiere. Am 27. Juli liess er seine Neuerwerbungen in Arusha auf den Zug verladen, man fuhr nach Mombasa, Kenya. In Genua wollte man die Tiere ausladen und auf dem Landweg nach Zürich bringen. Eine Bewilligung von Gottlieb Flückiger (1892–1987), Direktor des Veterinäramtes, lag vor. Doch bereits am Anfang der Reise brach in Europa die Maul-und Klauen-Seuche aus. Gottlieb Flückiger war als Seuchenphobiker bekannt. Er zog seine Bewilligung zurück und zettelte einen Kleinkrieg mit dem Zoo an, sodass am Ende die exotische Fracht nirgends mehr an Land gelassen wurde, wo sie hätte die Kontaktquarantäne durchlaufen können. Am Ende verlor die Reederei die Geduld und teilte dem Zoo mit: «Nach Rückfrage mit hiesigen Vertretern bleibt uns leider nichts anderes übrig, als dem Kapitän heute 14 Uhr zu drahten, die Tiere über Bord zu werfen.» Als das Ultimatum verstrich, weigerten sich alle Besatzungsmitglieder, die Anweisung der Reederei umzusetzen. Felix Hofmann sah keinen anderen Ausweg und erschoss selber alle Giraffen, zwei Gnus und vier Antilopen. Die Kadaver wurden mitsamt den Transportkisten ins Meer geworfen. Nur Stunden danach lag die Bestätigung für die Quarantäne in Hamburg vor. Die Tiere hätten gerettet werden können. «Als ich diese Geschichte las, bekam ich Gänsehaut. Ich war dabei, eine Geschichte zu schreiben, die sich in ähnlicher Form ereignet und sich einen Weg gesucht hatte, um gehört zu werden. Das hat mich sehr berührt», sagt Verena Prager. Doch ihre «Miranda»-Geschichte geht gut aus. Es geht dabei um Zusammengehörigkeit, Familie und um eine tiefe Verbundenheit zwischen dem Sohn des Tierpflegers, Fynn, und dem kleinen Giraffenmädchen. Als Miranda verschwindet und nicht in Zürich ankommt, regt sich in Fynn ein neues Gefühl. Er schliesst seine Augen und sieht Miranda. Fynn ist empfänglich für die Zwischentöne des Lebens, für das Übersinnliche – und er weiss, wo Miranda ist.
Einen tieferen Sinn eingebaut
«In meinem Buch geht es auch um die Fragen: Was ist die Seele? Was ist Verbundenheit? Warum versteht man sich mit manchen Menschen wortlos und mit anderen nicht? Warum spüre ich oft mehr, als ich in Worte fassen kann?», fragt sich die Autorin. Es habe ihr Spass gemacht, einen tieferen Sinn als nur Unterhaltung einzubauen. «Dieses Buch enthält auch einen Teil meiner emotionalen Biografie.» Die filigranen Aquarellbilder im Kinderbuch «Miranda» stammen ebenfalls aus der Feder von Verena Prager, die schon seit Jahrzehnten immer wieder zum Pinsel greift. Die Bilder entstanden oft zuerst und waren somit die Treiber der Geschichte. Das Zeichnen hat sich Verena Prager im Selbststudium beigebracht. «Ich wäre gerne in die Kunstgewerbeschule gegangen. Doch als ich diesen Wunsch vorbrachte, kam auch schnell das Nein des Vaters.» So sei sie einen anderen Weg gegangen. Das Malen und das Schreiben begleiten sie aber bis heute. Auch die Coronapandemie konnte der pensionierten Gastronomin nicht viel anhaben. Sie sagt: «Ich habe schon früh gelernt, auch in schweren Situationen neue Energie zu bündeln und auf meiner Kreativität zu vertrauen.» Dieses Kinderbuch ist aus dem Bedürfnis heraus entstanden, auf dem Papier zu reisen, sich in andere Leben einzufühlen und dort zu bleiben. Und: «Ich musste mir eine neue Tagesstruktur geben.» Im Herbst schrieb sie die Fortsetzung von «Miranda». Erst im Januar 2021 hat Verena Prager den Entschluss gefasst, die beiden Teile des Kinderbuchs «Miranda» sowie das Hörspiel herauszubringen. Derzeit sucht die Autorin einen Verlag.
Zur Person Name: Verena Prager Alter: 68 Beruf: Pensionierte Gastronomin Zivilstand: Geschieden, zwei Töchter und fünf Enkel Wohnort: Schaffhausen Hobbys: Malen, Schreiben, Garten, Hündin Peppina Aktuelle Lektüre: Pierre Martin, «Madame le Commissaire und der Tod des Polizeichefs»
«Dieses Buch enthält auch einen Teil meiner emotionalen Biografie.» Verena Prager erzählt, wie sie dank der Coronapandemie dazu kam, ein Kinderbuch zu schreiben.
Liebe Frau Verena Prager,
ich wünsche Ihnen, dass Sie recht bald einen Verleger finden. Weil, dieses Buch möchte ich dann gerne kaufen.
Liebe Grüße aus Blaubeuren (D)
achim lehmann
Lieber Achim
Danke dass Sie mir geschrieben haben. Einen Verleger zu finden ist nicht einfach. Man braucht auch etwas Glück. Ich hoffe dass es Ihnen gut geht. Liebe Grüsse
Ich freue mich darauf dieses Kinderbuch meinen Enkeln vorzulesen.
Vielen Dank für diese sensible Geschichte
Ich freue mich, Dein Buch anzuschauen, zu lesen und vielleicht auch zu hören. Super, was Du alles machst!
Zuerst muss ich allerdings erst einen Verlag finden. Wenn wir uns mal sehen, zeige ich Dir dann die Bilder. Liebe Grüsse. Deine Cousine
Buon Giorno aus Italien, liebe Verena. bin mit 2 Freunden und unseren Motorrädern in Norcia. Für 16 Tage kurven wir durch traumhafte Landschaft.
Tolle Geschichte, die du da geschrieben hast. Ich bin sicher du findest einen Verlag und freue mich auf die Bilder.
Ganz lieben Gruß aus Bela Italia
Christopher