Nach den erfüllten Tagen in Berlin fahre ich auf meiner Autoreise „Berlin und zurück“ etwas schweren Mutes weiter.
Der Einzug in die Altstadt von Dresden ist von einem durchzogenen Himmel begleitet, die Prognose deprimierend und so entscheide ich mich eiligst zur Frauenkirche zu gehen, solange die Sonne noch scheint. Auf dem Platz angekommen, crashe ich beinahe in drei senkrecht stehende Busse. Verbeult, von Rost zerfressen und fensterlos stecken sie einer Mauer gleich in einen Betonsockel mit Armierungseisen. Dresden, Berlin, Mauer, kaputt, Trümmer. Kennen wir das nicht? Die Busse berühren. Wie sie dastehen neben der neu errichteten Frauenkirche. Schnell begreife ich, dass es ein Mahnmal ist. Es brennen Kerzen. „Friede“ steht geschrieben. Es ist Montag Nachmittag. Die gereizte Stimmung ist beklemmend, denn es ist der Wochentag der legendären Protestemärsche der Pegida. (unbedingt weiterlesen)
Nach einer beschaulichen einstündigen Fahrt erreiche ich Erfurt, die Landeshauptstadt von Thüringen. Es soll eine der am besten erhaltenen mittelalterlichen Stadtkerne Deutschlands haben. Liebevoll renovierte Fachwerkhäusern, die wir Riegelhäusern nennen, würdige Patrizierhäuser, einen imposanter Dom, grosszügige Plätze und die Zitadelle Petersburg machen Erfurt zum lohnenswerten Ausflugsort.
Es ist Sonntag und mein Hotel liegt gleich bei der berühmten Krämerbrücke. Es ist die längste mit Häusern bebaute und bewohnte Brücke Europas. Auffallend sind die vielen ungewöhnlichen Läden, Künstler und Handwerker, die sich hier einen Traum erfüllen und geschäften. An diesem Nachmittag liegt sie malerisch vom Sonnenlicht bestrahlt dar und erwartet meine fotografischen Attacken. Aber wie soll ich das anstellen, wenn sich davor volle Abfalleimer ins Bild drängen. Was ist da los?
Gleich nach meiner Ankunft begebe ich mich auf Erkundungstour. Eisdielen,
so weit mein Auge reicht. Laut Google sind es 18 an der Zahl. Menschenschlangen verraten die Eldorados der Glacéfans. Man stelle sich an jeder Häuserecke ein „El Bertin„ (der Kult-Glacéladen im Schaffhauser Hafenviertel) vor mit all den anstehenden Touristen, Familien, Kinderwagen, ausgeflippten Jungen und schlipstragenden Angepassten. Das war in Erfurt los! Vor lauter Eisdielen und -schlecker entgingen mir die Sehenswürdigkeiten. Ich war absolut fasziniert von der Qualität, der Aufmachung, der Fantasie und Buntheit dieser aufgetürmten Kunstwerke. Fazit meiner halbstündigen Wartezeit: Es lohnt sich in jedem Fall. Snacken die Bewohner und Touristen in anderen Städten Burger, Kebabs und Paninis so schleckt man sich hier durchs Geschmacksangebot. Irgendwie gemütlich und sehr relaxed. Dementsprechend sahen die Abfallkübel aus: kunterbunt und prallgefüllt.
Verzeiht mir, dass Ihr weder malerische Bilder noch Kulturberichte bekommt. Ehrlich gesagt, ist Erfurt eine Glacé Reise wert.
Eisenach empfing mich bei strahlendem Wetter. Ein Städtchen in Thüringen, eine der Lutherstädte und damals DDR Grenzort. Sehr sympathische Stadt mit wunderschönen alten Villen, Häuserzeilen, die zum Teil wieder aufgebaut wurden und prachtvoll dastehen. Ach ja, Eisenach ist auch Geburtsort von Sebastian Bach.
Meinen ersten Besichtigungs „Termin“ führte mich an einen Ort, der seit dem 11. Jahrhundert immer wieder Ausgangspunkt in der deutschen Geschichte war. Fast majestätisch thront die Wartburg über dem thüringischen Eisenach. Sie ist die erste deutsche Burg, die in die Liste des Welterbes der UNESCO aufgenommen wurde. Tausend Jahre deutscher Geschichte spiegeln sich hier eindrucksvoll wider.
Schon lange wollte ich eine gemütliche Reise nach Berlin unternehmen. Nun befinde ich mich seit fünf Monaten im Ruhestand. Ich bin Pensionärin, Rentnerin oder wie man eine Frau in dieser Lebensphase benennt. Die Wörter wollen mir noch nicht so recht gefallen. Die Lebensphase behagt mir allerdings ausserordentlich gut. Besser als ich es mir je erträumt hatte. Erstmals hatte ich Zeit und Musse mich auf diese Reise vorzubereiten. Strassenkarten und Reiseführer lagerten tagelang auf dem Tisch und Notizen füllten mein Notizbuch. Ich entschied mich mit dem Auto zu fahren, mir ein paar Städte, Landschaften, Schlösser und Museum anzuschauen, obwohl ich nicht die geduldigste aller Museumsbesucherinnen bin. Die in meiner Erinnerung haften bleibenden Erlebnisse sind wie immer die kleinen, unspektakulären Alltagsbegebenheiten. Darob vergesse ich Jahreszahlen und geschichtlich relevante Zusammenhänge. Will man dazu mehr wissen, hilft Freund Google und Wikipedia bestens weiter.
BRÜCKENSCHOPPEN IN WÜRZBURG
Abreisetag. Der Tag begrüsst mich kühl und verhangen.
Beim Abschiedsessen in Fort Lauderdale im angesagten Fischrestaurant „15th street fisheries“ fragte mich meine Bekannte, Linda: „Which city did you like most in Florida?“ Die Frage war wohl eher so gemeint: „In welcher Florida Stadt könntest Du wohnen?“ Oh weia, dachte ich, nun darf ich ja nichts Falsches sagen, denn meine ehemaligen Nachbarn waren unlängst aus der Schweiz hierher ausgewandert. Das haben sie gut gemacht und deshalb hab ich mich mit der Antwort etwas geziert.
Vor uns stand ein Teller der allerfeinsten und allerfrischensten STONECRABS.
Naples, am Golf von Mexiko, erreichte ich über die Autobahn 41, „Tamiami Trail“, die quer durch die Everglades führt. Eine wunderschöne Stadt für wohlhabende Rentner. Extrem sauber, perfekte Villen und Gärten, herausgeputzt und zurecht getrimmte Anlagen. Alles scheint einfach nur perfekt. Der Rasenschnitt, das Wetter, der kilometerlange, weisse Sandstrand, die historische Holzpier, das glasklare Wasser, mein Hotel im mediterranen Stil mit Terrasse, die ordentlich gestutzten Palmen und auch die Menschen, (hoher Altersdurchnitt). Warum komme ich mir nur so viel jünger vor, obwohl die zurechtgeschnittenen und getrimmten Körper dieser Menschen einiges zu bieten haben?
Am Abend unternahm ich einen langen Spaziergang durch die Strassen des historischen Zentrums mit vielen angesagten Boutiquen, Spitzenrestaurants und Shops.
Auf der langen Holzpier hatten sich Fischer, Touristen, Familien mit Kindern, Sportler und Rentner zum Sonnenuntergang eingefunden.
Sorry, aber bessere Fotos gab es nicht.
Mein erster Blick ins Wasser war etwas verwirrend, denn es brodelte wie im Wasserkocher. Schnell war mir klar, dass unter Wasser eine wahre Jagdorgie stattfand, nur was jagte wen, war noch die Frage. Die folgenden Stunden, die ich atemlos ins Wasser, in die Luft, auf den Pier und immer wieder ins Wasser starrte, verflogen ohne dass ich den Sonnenuntergang wahrnahm. Die braunen Pelikane bohrten sich spiralförmig ins brodelnde Wasser, während die Delphine pfeilschnell unter dem Pier durch und entlang der Küste schwammen und sich offensichtlich ein Festmahl von kleinen Fischen gönnten. Zwischendurch warfen die Fischer ihre Angeln aus, die Pelikane stürzten sich halsbrecherisch ins Getümmel und nach ihren dick hängenden Kehlsäcken zu urteilen, waren sie extrem erfolgreich. Ich war Zeugin eines einzigartigen Spektakels, um so mehr ich noch nie Delphine so nahe beobachten konnte. Elegant, geschmeidig kurvten sie vor unseren Augen. Obwohl ich dutzend Male versucht habe, sie zu filmen oder zu fotografieren, ist mir das misslungen, aber es war Adrenalin treibend. Solche Augenblicke sind geschenktes Glück und dafür bin ich unendlich dankbar.
z.T. aus Wikipedia: Die Everglades sind ein tropisches Sumpfland im Süden von Florida. Ein Teil der Everglades ist als Everglades-Nationalpark geschützt und UNESCO-Welterbe. Seit 2010 steht der Park auf der roten Liste des gefährdeten Welterbes, da die zunehmende Umweltverschmutzung und Eingriffe in den Wasserhaushalt den Park bedrohten.
Kontrastprogramm – mein 50$ Zimmer und Cheeseburger
Mein Kontrastprogramm beinhaltet manchmal auch ein 50$ Hotel, zum Beispiel unterwegs zu den Everglades. Zum Schlafen reicht es, weiches Bett, riesiges Zimmer. In den Staaten bezahlt man den Preis für das Zimmer, unabhängig davon, wie viele darin schlafen. Für einen Einzelreisenden wie mich, wird dieses System dann doch recht teuer. Umsomehr schätze ich danach ein luxuriöseres Zimmer.
Nach Key West, der südlichsten Stadt in Florida, besichtigte ich auf dem Weg in die Everglades, das Spital für Schildkröten „Turtle Hospital“ in Marathon. Die Führung für die ich mich bereits ein paar Tage zuvor anmelden musste, war äusserst aufschlussreich.
Als ich in Key West ankam und mein Hotel suchte, stolzierte ein wunderschöner Hahn in Gefolgschaft seiner überbesorgten Henne mit etlichen Wattebäuschchen selbstsicher über die Strasse. Ich trat abrupt auf die Bremse, noch bevor ich erfuhr, dass sie unter Schutz stehen. Key West ist eine übersichtliche, historisch intakte und überaus charmante Stadt am südlichsten Zipfel von Florida. Man erreicht sie über die Keys (Inseln) und über etliche Brücken, wovon die längste, die „seven mile bridge“ ist. Auf diesem 2200 km langen Nr 1 Highway benutzt man meist den Tempomaten. Einfach schnurgerade aus. Links ist der Atlantik, rechts der Golf von Mexiko und in der Verlängerung liegen Kuba und die Bahamas.