Zwölf Hunde sausen übers Feld, balgen, spielen, graben nach Mäusen, springen über Zäune und beschnüffeln einander. Zwölf glückliche Golden Retriever aus der Zucht «vom Walderkamm» geniessen die Ländereien rund um ein Schloss in den Vogesen. Tanten und Onkel, Schwestern und Brüder, Vater und Mutter, Nichten und Neffen. Sie alle sehen sich ähnlich und doch sind sie so verschieden. Die Züchter, Brigitte und Lois Kaltenböck hatten Mitte März zum Dummy-Trainingslager geladen und wir reisten an nach Mélisey (Frankreich).
Beim Aufräumen meines Laptops, eine traditionelle Pflicht im Januar, entdecke ich diese letzte unveröffentlichte Geschichte. Eine Sehnsuchtsgeschichte von meiner Reise im vergangenen Mai in die Camargue. Ich lese sie erneut und bin erfüllt mit Licht, Farben und Wärme.
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Mai 2023. Bald winke ich Adieu auf meiner FAHRT INS BLAUE. Noch kann ich dem Himmel und dem Meer frönen, bevor ich nordwärts fahre. Das Erlebnis BLAU ist hier an der CÔTE BLEUE in Sichtweite von Marseille, zu meinem Höhepunkt geworden.
Es war Abend. Auf dem städtischen Campingplatz in Arles brach die Dämmerung herein. Aus Vorsicht hatte ich den Bus von innen abgeschlossen und ging ohne Schlüsselbund und ohne mein Hirn einzuschalten, zu den Sanitäranlagen. Die Rückkehr war weniger erfreulich, da sich das Auto mittlerweile von innen verriegelt hatte.
„Eine weitere Nacht auf meiner Reise ins BLAUE, verbrachte ich auf dem von Bäumen beschatteten „Yelloh Camping, la petite camargue“. Sandig, beschützt und bequem.
Geplant hatte ich eine weite Sommerreise im „camper van“ wie die Engländer meinen Bus nennen oder „le büs wolkswàgen“ (Betronung auf der letzten Silbe), weich ausgesprochen auf französisch. Natürlich mit Peppina. Ich wollte durch die vier Länder von Grossbritannien fahren: von England nach Wales, durch Irland hinauf und mit der Fähre rüber nach Schottland. Eine Reise „back to the roots“, denn hier hatte ich von 1969-1974 fünf prägende Jahre gelebt.
Ich trete frühmorgens mit meinem Hund Lola aus der schmalen verwitterten Haustür auf die Gasse mitten ins mittelalterlichen Städtchen. Noch ist es kühl während die Stadt sich regt. Ich liebe diese Geräusche und Gerüche des Erwachens, stelle mich neugierig an Häuserecken und beobachte die Menschen. Lächeln oder träumen sie? Schlaftrunken gehen sie ihren gewohnten Tätigkeiten nach. Es gab einmal ein Chancon: „Il est cinq heures, Paris s’eveille“ von Jacques Dutronc. Jetzt ist Montagmorgen und ich bin in Avallon.
Avallon liegt eine Stunde westlich von Dijon, fünf Autostunden von Schaffhausen entfernt und ist auf wunderbar ausgebauten, wenig befahrenen französischen Autobahnen (im Vergleich zu Zürich- Aarau) entspannt zu erreichen.
Ich kenne keinen Menschen, der Tunnels liebt. Die meisten Menschen benützen sie aus logistischer Planung und Bequemlichkeit. Einige wenige fürchten die Dunkelheit, das Einklemmtsein, die Ausweglosigkeit und meiden sie.
Auf meiner Durchreisein die Dordogne im September 2014 habe ich in Lyon einen Etappenhalt eingelegt und die Gelegenheit wahrgenommen und einige Sehenswürdigkeiten angeschaut. Unter anderem habe ich mich freiwillig einer Tunnelerfahrung der besonderen Art hingegeben. Die futuristische Röhre unter der Stadt durch war damals die neuste Touristen Attraktion in Lyon. Ein Tunnel für Elektrobusse, Fahrräder und Fussgänger ausgeleuchtet mit einer Lichtschau und nicht für Autos. Diese abenteuerliche Verbindung verbindet unterirdisch die Flüsse Soane und Rhone.
Schon nach wenigen Metern ersehnte ich das Ende des noch 25 Minuten entfernten Ausgangs. Ich war allein unterwegs, weder Fahrradfahrer noch kein Mensch zu Fuß. Gespenstisch ruhig. Von weit her sehe ich farbige Lichter, höre sphärische Klänge. Protektionen von der Farbigen Unterwasserwelt mit Fischen, Korallen und Algen bewegen sich über die Decke. Die Musik lässt die Einsamkeit schwinden. Lola und ich setzen einen Fuß vor den andern, freuen uns über den entgegen laufenden Jogger, erkennen ein Fahrradlicht und beginnen dieses Abenteuer zu genießen. Ein erster Bus nähert sich dröhnend von hinten. Ich bin erleichtert als er auf seiner Spur an mir vorbei fährt. Wieder kehrt absolute Stille ein. Als jedoch wenig später ein Laster mit blickendende Lichtern herankommt und gleich dahinter ein Werkfahrzeug mit Blaulicht, erhöht sich mein Puls. Wie leicht wird man nervös, sieht Fernsehberichte von brennenden Tunnels, versucht die Distanz zum Tunnelende abzuschätzen, dreht sich erneut um. Ich bleibe stehen schaue die Fische an nur sind es jetzt plötzlich Haie, die Musik wird fordernder, Der Tunnel enger. Das Blaulicht wiederspiegelt Sichtung vermischt sich mit dem Blau der Tunnelwände. Es ist nicht Angst, sondern das Spiel mit der Angst das auf dem Spielfeld meines Hirn spielt. Ein gefährliches und zugleich kitzelndes Spiel mit Emotionen.
Blau vermischt sich mit dem Orange der Warnblinker und dem Grün der Projektionen. Sie sind vorbei, zum Tunnelende hinausgepresst worden. Noch ist es für mich außer Sicht.
Mit jedem Schritt nähere ich mit Lola dem Ausgang zu, nur wenige Menschen sind uns begegnet. Wir sind unter der Stadt Lyon von der Rhone zur Soane rüber gewandert. Ein kleines wanderabenteuer, das ich froh bin, nicht verpasst zu haben.
Schon einmal war ich in einer besonderen Tunnelsituation gefangen. Der Niedergang einer Lawinw hatte mich während 4 Stunden im Zug gefangen gehalten die längste Zeit in Dunkelheit. Damals endete alles gut.