Im Bann der Hitze und des Feuers

Im Bann der Hitze und des Feuers

Seit Tagen steigt das Thermometer. Eine Hitzewelle ist angesagt und wir stecken mittendrin.

Im Bann der Hitze und des Feuers

Noch vor einer Woche blies der Wind vom Südpol kühl über die Hügel und Felder. Die Morgen waren bitter kalt, die Tage angenehm. Die Sonne schien, der Himmel war blau und klar. Die Weiden waren längst von den Schafen abgegrast und dürr getrocknet von Wind und Sonne.

Und dann drehte der Wind. Er kam vom Norden her. Von der endlosen australischen Wüste. Er strömte unheilvolle, erbarmungslose, heisse Luft herbei und verwandelte die einst so saftigen Wiesen in goldgelben Zunder.

Die Medien sind voll guter Ratschläge. Das magische Wort ist „total fire ban“. Es dürfen keine Feuer entfacht werden und dennoch verursachen Feuerteufel, genannt „firebugs“(Käfer), willentlich die verheerendsten Waldbrände oder unachtsame Autofahrer entsorgen ihre Zigarettenstummel aus dem Fahrzeug. Nächtliche Blitze schlagen in dürre Bäume ein und starten ein Feuer. Brennende Eukalyptusbäume entwickeln durch ihre ätherischen Öle Feuerbälle, die mehrere Meter weit durch die Gegend geschleudert werden, um auf fernen Feldern, auf Häuser oder in Wäldern zu explodieren. So entstehen die grössten Feuer. Stürme, die von der Wüste her über die Landschaft fegen und die Feuerwände vorantreiben, verschärfen die ganze zerstörerische Kraft.

Auf der Farm meiner Schwester, wo ich zurzeit bin, sind wir vorbereitet. Rund um die Häuser, Scheunen und den Zäunen entlang wurden schon vor Wochen Schneisen gemäht, die Wassertanks sind gefüllt, der Generator, der die Wasserpumpe antreibt, wurde bereitgestellt und mit Benzin gefüllt. Täglich haben wir den Rasen rund ums Haus gewässert, um etwas Feuchtigkeit in der Erde zu behalten. Die Schafe und Pferde haben Zugang zu den Dams (Wasserlöcher) auf den Weiden und die Hühner sind gut versorgt.

Als wir gestern Abend in nachlassender Hitze zu dritt genüsslich auf der Terrasse assen und in die kühlende Landschaft blickten, bemerkten wir eine ungewöhnliche, absolute Stille. Wo ansonsten beim Eindunkeln hunderte von Vögeln ihren Abendgesang erklingen lassen, herrschte mystische Geräuschlosigkeit, als ob ein Schalter umgekippt worden wäre. Sogar das erfrischende Lüftchen war abgestellt worden. Kein Blatt bewegte sich, kein Schaf blökte, kein Kakadu schrie durch die Dämmerung. Es war das gespenstige Nichts vor dem Knall. Die Ruhe vor dem Sturm. In der Ferne zogen Gewitter durch, schwarze Wolken verdunkelten den Himmel, während wir uns langsam für die Nacht vorbereiteten.

Ich lag lesend im Bett, als eine gewaltige Explosion alles in Schwarz hüllte. Aus dem Nichts schlug der Blitz unweit des Hauses in einen Strommasten, was die Glühbirnen platzen liess. (ob dem so ist, werden wir allerdings erst später erfahren). Wir versammelten uns in der Küche, scannten die Landschaft, um mögliche Feuer zu sehen. Es herrschte Stille, ein weitentfernter Donner grummelte durch die Nacht. „Was war das?“, fragten wir uns entsetzt. Noch immer hämmerten unsere Herzen. Wir waren sehr erschrocken. Kaum hatten wir uns in der Dunkelheit zurechtgefunden, knallte es in erneut unerwarteter Lautstärke durchs Cottage. Erstaunlich deshalb, weil das nahende Gewitter noch in weiter Ferne war. Aber es kam, mit viel Regen, Wind und normalem Blitz und Donner. Nichts konnte uns mehr erschüttern, denn Strom hatten wir bereits keinen mehr, Feuer war keins entfacht worden, die Hunde hatten sich beruhigt und wir genossen einen mitternächtlichen Cognac am kerzenbeleuchteten Tisch.

Und heute warten wir auf Strom und somit auch aufs Wasser. Angesichts der vielen Feuer, die nun in Victoria brennen, ist unser Problem ein kleines. Die Temperaturen steigen auf Mitte vierzig Grad und erst am Samstag wird Kühlung erwartet. Damit kommt allerdings die am gefürchtetsten Situation, denn der Wetterwechsel kommt mit orkanartigen Winden, die den Teufelkreis des Feuers ausmacht.