Schaffhausen- Würzburg – Hann. Münde 3. Juni 2018
Ein letzter Sack mit Regenjacke, -schirm und Stiefeln noch. Alles muss rein in den Bus. Nun ist der VW Camper bereit für meine nächsten Abenteuerferien. Erneut habe ich mit einem Freund Haus gegen VW Bus getauscht und plane die Nordsee zu erobern. Während die frühen Sonnenstrahlen zum Abschied meine blütenreichen Beete kitzeln, werfe ich etwas wehmütig einen letzten Blick auf meinen Garten. Heute will ich früh weg – die Reise ist weit. «Und tschüss», whatsappe ich meinen Töchtern mit dem selbsterklärenden Foto in der offenen Autotür stehend und dem entsprechenden Winke-Emoji.
Vogelgezwitscher begrüsst mich an diesem verschlafenen Samstagmorgen auf den noch leeren Strassen durchs Merishauser Tal nach Bargen rauf und wieder runter Richtung Autobahn A81 nach Stuttgart und Würzburg.
In den Tälern hinter Bargen hängt zum Teil zäher Morgennebel über den Dörfern. Einzelne Kirchtürme «güggslen» neugierig hervor, während die Bauernhäuser noch im Dunst verborgen bleiben. Nicht mehr lange, denn gleich verschmelzen die gelbgrünen Weizen- und bläulichen Gerstenfelder mit der pastellenen Landschaft. Die Sonnenstrahlen schiessen Sternenfunken in die Tautropfen. Märchenhaft muten sie an, wie Diamanten auf einem Prinzessinnenschleier? Unschuldig und bereit für alles, was das Leben zu bieten hat. Auch ich bin bereit und fühle mich abenteuerlich jung. Eine allein reisende Frau im Camper treffe ich selten an und ernte jeweils Bewunderung. Streicheleinheiten auch dieser Art tun gut.

Nach drei Stunden Fahrt bin ich in Würzburg angekommen. Schon einmal hielt ich hier auf der Durchfahrt (damals nach Berlin) und war entzückt. Ein wunderbar romantisches und sehr lebendiges Städtchen. Die alte steinerne Brücke über den Main ist ein Treffpunkt für alle. Heute sitze ich im Café «Brückenbäck» mit kleiner Terrasse. Die deutsche Frühstückskultur wird hier aufs Eindrücklickste für Aug und Nase zelebriert. Samstag morgen und alle Tischchen sind üppig belegt mit allerlei hübsch angerichteten Eierspeisen, gesunden Müslis, auserlesenen Brötchen, Säften und Prosecco. Eine Augenweide für hungrige Bewohner und Durchreisende zugleich. Ich treffe zwei einheimische Künstlerinnen, mit denen ich eine herzliche Stunde verplaudere. Es sind die kleinen Begegnungen, die ich so sehr geniesse. Wir erzählen vom Leben, von den Hürden und Freuden und einmal mehr staune ich, wie bewundernswert jemand mit einer sehr einschränkenden Behinderung positiv und freudig durchs Leben geht. Ich will diese Reise den Geschichten von Zufallsbekanntschaften widmen. Sie erfüllen einem mit Bewunderung, Anteilnahme und Weisheiten für das eigene Leben. Aber mehr darüber in einem nächsten Beitrag.
Würzburg ist eingehüllt in eine Lindenblüten-Duftwolke. Verzaubert besuche ich auf Empfehlung von Gitta und Evelyn die kunstvoll angelegten Hofgärten der Residenz Würzburg und das kleine Lusampärkchen neben der Neumünsterkirche. Sie ist Gedenkstätte von Walther von der Vogelweide, dem mittelalterlichen deutschsprachigen Lyriker.

Erfrischt und bereichert fahre ich noch ein paar Stunden weiter und gelange nördlich von Kassel durch ein dichtes, hügeliges Waldgebiet zu einem Städtchen mit vielen wunderbaren Fachwerkgebäuden, Brücken und einer malerischen Innenstadt. In Hann. Münden vereinen sich die Flüsse Werra und Fulda theatralisch zur Weser. Die Drei-Flüsse-Stadt ist wunderschön gelegen. So ist auch mein Schlafort auf einer Halbinsel zwischen den Flüssen. Es rauscht laut und beruhigend. Ein einfacher Campingplatz mitten in der Stadt.

Sowohl Würzburg als auch Hann. Münden sind lohnenswerte und überraschende Entdeckungen auf dieser langen Reise an die Nordsee.